Ob brennend, pochend oder stechend – Schmerzen haben immer zwei Gesichter. Als Alarmsignal können sie mögliche Verletzungen ankündigen und auf Krankheiten aufmerksam machen, die vielleicht sonst unentdeckt blieben. Aber viele kennen den Schmerz auch als ständig peinigenden Begleiter und meist ist es der Rücken, der chronisch weh tut. Oft versagen dann selbst die stärksten Medikamente. Doch es gibt Hoffnung. Mit einem Schmerzschrittmacher lassen sich die Qualen quasi per Knopfdruck ausschalten. Wirbelsäulenspezialist Dr. Reinhard Schneiderhan klärt auf, wie moderne Schmerzschrittmacher chronisch Rückengeplagten heute helfen können.
Bei über acht Millionen Menschen in Deutschland ist das eigentlich ausgefeilte System der Schmerzsteuerung völlig aus den Fugen geraten. Sie leiden rund um die Uhr unter nicht selten unerträglicher Pein. „Wenn dann selbst die Medikamente, Infiltrationen, Physiotherapie und andere ansonsten wirksame Maßnahmen, wie eine OP nicht geholfen haben, sollten Betroffene über einen Schmerzschrittmacher nachdenken“, sagt Dr. Reinhard Schneiderhan vom gleichnamigen Medizinischen Versorgungszentrum in München/Taufkirchen. „Mit den modernen Verfahren ist es nicht mehr wie früher nötig, die schmerzleitenden Bahnen, die ein starkes Prickelgefühl auslösen, quasi auszuschalten. Die neuen Hightech-Geräte arbeiten viel sensibler, blockieren nur noch die schmerzleitende Funktion, sind dabei aber ebenso effektiv.“
So funktioniert ein Schmerzschrittmacher
Ein Schmerzschrittmacher funktioniert im Grunde genommen wie ein Störsender. Er verhindert die Weiterleitung der Schmerzsignale an das Gehirn und schaltet so die quälenden Schmerzsignale aus. Ein Blick ins Körperinnere zeigt, warum das so gut funktioniert. Bei chronischen Schmerzen verändert sich die Produktion chemischer Botenstoffe. „Dabei aktivieren sie auch Nervenzellen, die bislang keine Probleme bereitet haben. „So kommt es zum gefürchteten Schmerzgedächtnis“, sagt der Experte. „Obwohl die ursprüngliche Ursache der Schmerzen längst aufgehoben ist, reagieren die Nerven hochsensibel. Sie können sich nicht mehr beruhigen und feuern ihre Signale ohne Unterlass. Genau diesen unheilvollen Prozess können wir mit einem Schmerzschrittmacher unterbinden.
Wer kommt für einen Schmerzschrittmacher in Frage?
Wichtig: Ein Schmerzschrittmacher ist immer die letzte Lösung. Erst wenn alle anderen Therapien versagt haben, kommt der Eingriff in Frage. Deshalb ist vorab auch eine gründliche Voruntersuchung nötig. Dazu gehören auch Schmerzfragebögen und ausführliche Gespräche. „Wir ziehen grundsätzlich einen Neurologen und/oder Psychotherapeuten hinzu, um sicher zu gehen, dass der Schmerz nicht psychosomatisch bedingt ist“, sagt Dr. Schneiderhan. „Außerdem geben Leitlinien der medizinischen Gesellschaften genau vor, wer für den Eingriff in Frage kommt.“
Der Eingriff
Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, erfolgt zunächst ein Test. In einem kleinen chirurgischen Eingriff werden Elektroden in die Wirbelsäule implantiert und an einen externen Neurostimulator angeschlossen. „Mit dieser Testphase wollen wir sichergehen, dass es zu einer deutlichen Schmerzlinderung kommt“, sagt der Wirbelsäulenspezialist. „Das dauert etwa zwei Wochen, weil wir das Gerät unter verschiedenen Umständen ausprobieren.“ Liegt die Schmerzreduktion bei mindestens 50 Prozent, wird der Schmerzschrittmacher implantiert. Meist in der Nähe der Wirbelsäule im oberen Bereich des Gesäßes.
Endlich wieder Lebensqualität
Auch wenn eine Schmerzreduktion von 50 Prozent nach nicht besonders viel klingt, ist es für die Betroffenen ein großer Schritt in Richtung deutlich verbesserter Lebensqualität. Die meisten benötigen dann auch keine Medikamente mehr. Die gesetzlichen Kassen übernehmen die Kosten für den Eingriff. Der Schmerzschrittmacher kann dann dauerhaft im Körper bleiben. Mit Spezialgeräten lässt er sich jederzeit auf die Bedürfnisse des Patienten umprogrammieren.
Weitere Informationen unter www.orthopaede.com
Quelle: MVZ Praxisklinik Dr. Schneiderhan & Kollegen, Bettina Pluskota